Karte mit AllTrails anzeigen |
Wanderreitkarte anzeigen |
GPS-Daten herunterladen |
|
Schon zuhause zeichnet sich der Tag durch perfektes Timing aus. Innerhalb weniger Sekunden treffen alle Teilnehmer der Wanderung ein, obwohl deren Wohnorte Hunderte von Kilometern auseinander liegen. Anderthalb Stunden fahren wir unter einer dicken Nebeldecke ins Glarnerland. Erst zwei Kilometer vor dem Ausgangspunkt der Wanderung reisst die Nebeldecke abrupt ab und die Sonne strahlt vom blauen Himmel.
Die private Seilbahn von Dallenwil zum Wiesenberg will gerade eine Kabine nach oben schicken. Wie sie uns sehen, warten sie einen Moment und nehmen uns mit. Das Bergticket kostet 6,50 CHF. Die Fahrt in der kleinen Vierergondel dauert ca. 8 Minuten und bring uns 550 Höhenmeter hinauf. Wir freuen uns über den Sonnenschein, doch der Mann an der Seilbahn sagt, der Nebel komme erst später.
Hübsche Berghäuschen mit bunten Gärten sind am Wiesenberg zu bewundern. Wir laufen etwa 20 Minuten das schmale Asphaltsträsschen leicht bergan. Ab und zu müssen wir ein Auto passieren lassen. Dann saust ein Hund an uns vorbei, gefolgt von einem Jungen auf einem Mofa. Wenige Minuten später hält uns der Junge die Absperrung einer Weide auf, während der Hund hechelnd neben ihm sitzt.
Jetzt wird es ziemlich steil. Über einen wenig ausgetretenen Wiesenpfad steigen wir am Rande des Lückengraben in Richtung Norden zur Alm Unter Chneu hinauf. Unterwegs haben wir schon freie Sicht auf die Bergstation des Stanserhorn. Obwohl sie zum Greifen nahe scheint, soll der Marsch dort hin noch mehr als zwei Stunden dauern. Rastlos setzen wir die Tour zunächst in westliche Richtung fort. Der anfangs breite Weg wird bald schmaler und steiler.
Vor Augen haben wir das Chli Horn, das durch den Bergeinschnitt Namens Chrinnen vom Stanserhorn getrennt ist. Der Herbst zeigt sich in seiner buntesten Farbenpracht, gelbe Laubbäume und rote Sträucher zwischen grünen Nadelbäumen untern tiefblauen Himmel. Nach 30 Minuten erreichen wir die knapp 200 Höhenmeter höhere Alm Ober Chneu. Das Wohngebäude ist wohl neueren Datums oder jüngst restauriert. Fast unterliegen wir der Versuchung, auf die Holzbank zu sitzen und die Aussicht zu geniessen.
Der Weiterweg gestaltet sich weniger anstrengend. Ein schmaler Wiesenpfad quert fast auf einer Höhenlinien einen ziemlich steilen Wiesenhang. Trotzdem sind die Wiesen gepflegt, wie ein englischer Rasen. Nicht vorstellbar, wie die Wiesen bei einer Neigung von oft über 50 Grad gemäht werden. Wir sind schon froh, wenn wir auf dem Pfad heil über die Wiesen kommen.
Nach 40 Minuten ist es mit der Ruhe vorbei. Am Wanderwegweiser bei Chrinnen gabelt sich der Weg. Links könnte man nach Wirzweli absteigen. Von rechts kommen Menschenmassen vom Stanserhorn herunter. Wir mischen uns unter die Wanderer, die von Wirzweli her kommend auf das Stanserhorn hinauf steigen. Der Weg ist nun auch breit ausgetreten und weiter oben komfortabel ausgebaut.
Steil geht es in vielen Kurven bis auf eine Sattelhöhe hinauf, zwischen Chli Horn und Stanserhorm. Beim Zurückschauen sehen wir, wie Nebel in das Tal, aus dem wir aufgestiegen waren, hinein strömt. Nun verstehen wir, was der Mann von der Seilbahn damit meinte, dass der Nebel erst später komme. In westlicher Richtung sehen wir jetzt erstmals die schneebedeckten Gipfel der Berner Alpen und unten im Tal den Sarnersee, umrahmt von weissen Wolkenfetzen.
Vom Gipfel des Stanserhorn trennen uns noch 180 Höhenmeter, die wir vom Süden her über den gut ausgebauten Weg aufsteigen. Viele Stellen sind mit Drahtseilgeländer gesichert, teilweise sogar beidseitig. Besonders dort, wo der Weg in den Fels gesprengt wurde, sind wir ganz froh über diese gründliche Sicherung. Zu guter Letzt führt eine stabile Eisentreppe bis zum Rundweg unterm Gipfel des Stanserhorn.
Auf zwei Wanderwegweisern, die in entgegengesetzte Richtung zeigen, ist die Bergstation Stanserhorn aufgeführt. Für den direkten Weg benötigt man 15 Minuten, für den Weg über den Gipfel 20 Minuten. Wir wählen den Weg nach links, über den Gipfel. Abseits des rollstuhltauglichen Weges finden wir einen stillen Pfad durch Latschen und mit Drahtseilsicherung. Das Gipfelkreuz steht nicht an der höchsten Stelle des Gipfels.
Dort, an höchster Stelle, wurde eine Betonterrasse mit Metallgeländer errichtet. Von da hat man einen grandiosen Rundumblick. Insgesamt sollen 10 Seen sichtbar sein. Im Moment verstecken sich die Meisten davon unter der weissen Wolkendecke. Lediglich ein Teil des Alpnachersee, unterhalb des Pilatus, ist durch die aufgerissene Wolkendecke zu sehen.
In Gipfelnähe wird trockenes Heu zusammen gerecht und in Netzen zu Heuballen verschnürt. Diese Heuballen werden von einem Mann auf dem Rücken den steilen Hang hinauf getragen, den unsereins nur mit Seilsicherung betreten würde. Wie wir erfahren, dass so ein Heuballen 70-80kg wiegt, verstehen wir sofort das grimmige Gesicht, das der Gewichtheber bei unserer Nachfrage macht.
Der arbeitenden Mannschaft und auch uns steigt köstlicher Grillduft in die Nase, denn der typisch Schweizer Luxusgrill auf dem Gipfelplateau wird eifrig genutzt. Doch eher vom Durst getrieben, verlassen wir den Gipfel und steigen die wenigen Meter zur Bergstation mit Aussichtsterrasse hinunter. Hunderte von Menschen hatten eine ähnliche Idee. Trotzdem finden wir noch einen freien Sonnenplatz auf der Terrasse.
Die Beschaffung des zweiten Biers ist nicht ganz einfach. Inzwischen ist Mittagszeit und die dreireihige Warteschlange an der Essensausgabe des Selbstbedienungsrestaurants endet erst an der Eingangstüre. Im Tal hält sich der Nebel hartnäckig, während die Sicht in der Höhe immer klarer wird. Deshalb machen wir noch einmal einen Abstecher zur Gipfelhöhe und fotografieren alle Berge rundum ein weiteres Mal. Hätten wir mit der alten Spiegelreflex nicht gemacht.
Schliesslich müssen wir an den Abstieg denken, misst dessen Distanz doch drei mal so viel wie die des Aufstiegs. Auf dem gut präparierten Gratweg verlassen wir das Stanserhorn in östliche Richtung. Noch vor der Rinderalp, die wir nach 20 Minuten passieren, wechselt der Weg auf die schattige Nordseite des Grat. Eine Tafel gibt den Rat, nicht unnötig zu Rasten, da einem sonst ein Felsbrocken auf das Vesper fallen könnte.
Noch 30 Minuten bewegen wir uns in östliche Richtung und wechseln knapp 10 Minuten vor erreichen von Blatti wieder auf die Sonnenseite des Grats. Dann wendet sich der Weg um fast 180 Grad und wir haben bis zur Ahornhütte 20 Minuten und einen knappen Kilometer lang den Pilatus vor Augen. So geht es in mehreren, ewig langen Kehren langsam abwärts. Dabei halten wir uns immer in Richtung Büren und passieren Lang Zug, Chalcherli und Luegeren.
Anderthalb Stunden nach Ahorn stossen wir auf eine Hütte mit der Aufschrift Wolfboden. In früheren Zeiten muss hier die Bergstation einer Seilbahn gewesen sein. Auf der Wanderkarte berühren sich in diesem Bereich die Höhenlinien, d.h., das Gelände wird sehr steil. Und tatsächlich führt der Wanderweg durch die senkrechte Felswand. Im Tal löst sich der Nebel langsam auf und Sonnenstrahlen erleuchten die grünen Wiesen.
Eine halbe Stunde später stossen wir auf einen Wirtschaftsweg mit Wanderwegmarkierungen. Ein paar Hundert Meter folgen wir dem Wirtschaftsweg auf Dallenwil zu, bis sich dieser an einem Brunnen wieder in Gegenrichtung wendet. Eine Tafel bezeichnet den Ort als Brisenblick. Laut Wanderkarte müsste vom Knick des Wirtschaftsweges ein Wanderweg abzweigen. Wir finden aber nur einen unbeschrifteten Pfad, dem wir mutig folgen.
Der Pfad scheint in jüngerer Zeit präpariert worden sein. Trotzdem muss man an manchen Stellen gut hinschauen, um ihn nicht zu verlieren. Wieder geht es an imposanten, mit Moos bewachsenen Felswänden vorbei, bis auf eine grüne Wiese. Auf der Wiese sind keinerlei Trittspuren zu erkennen. Wir suchen auf der anderen Seite der Wiese am Waldrand den Weiterweg, werden aber nicht fündig.
Der Wiese talwärts folgend stossen wir schliesslich auf einen Wirtschaftsweg, an dessen Rand auf einem Holzhaufen ein abmontierter Wanderwegweiser liegt. Also war hier einmal ein Wanderweg. Zehn Minuten später erreichen wir in Richtung Süden den Ort Dallenwil, von wo wir am Morgen aufgebrochen waren.