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Trotz holländischem Reisebus am Brünningpass benötigen wir für die Anfahrt weniger als drei Stunden. Ab dem belebten Lauterbrunnen wird es auf dem Strässchen richtig ruhig, doch dass wir nicht die Einzigen sind, die zum Schilthorn unterwegs sind, stellen wir spätestens am Parkplatz der Schilthornbahn fest. Auf dem riessigen Parkareal um die Talstation bei Stechelberg stehen schon Hunderte von PKWs aus allen Ländern.
Wir schauen uns noch einmal den Fahrplan der Seilbahn an. Die letzte Bahn vom Schilthorn fährt um 18:03 Uhr ab. Bis da hin müssen wir oben sein. An der Zwischenstation Mürren können wir ausgiebig Rasten, denn die letzte Talfahrt findet um 23:55 statt.
Westlich von uns befindet sich das Schilthorn, doch Richtung Westen sehen wir auf eine mehrere Hundert Meter hohe Felswand, von der ein imposanter Wasserfall herunter donnert. Diese Wand müssen wir südwärts umgehen. Direkt an der Seilbahnstation überqueren wir das Flüsschen Weisse Lütschine über eine mächtige Fussgängerbrücke. Nach der Brücke wendet sich der Weg nach links, in Richtung Süden.
Zwanzig Minuten laufen wir ohne Anstieg und ohne Wanderern oder Spaziergängern zu begegnen. Lediglich ein Bauer verrichtet seine Arbeit am Wegesrand. Bei einem Elektrizitätswerk, das Wasserkraft in Strom umwandelt, queren wir über eine geschwungene Fussgängerbrücke die Weisse Lütschine wieder auf die andere Seite.
Jetzt beginnt der Anstieg durch den Schwendiwald. Richtung Westen steigt der gut ausgebaute Weg im Zickzack den Berg hinauf. Rechter Hand sehen wir in den tiefen Einschnitt des Sefinental hinunter, wo das Flüsschen nun Sefinen Lütschine heisst. Trotz gemütlichem Schritt schaffen wir die ersten 300 Höhenmeter in einer halben Stunde.
An einer Weggabelung mündet der Wanderweg in einen Weg, der auch für Biker ausgeschildert ist. Das Schilthorn ist mit 6 Std. 30 Min. Gehzeit angeschrieben. Eine Warntafel empfiehlt, die nächsten 200 Meter rasch und ohne anzuhalten zu gehen, da von oben Steine herunter fallen könnten.
Weniger steil und schliesslich sogar etwas abwärts, stossen wir nach einer knappen Viertelstunde auf das Flüsschen Sefinen Lütschine. Ein Wanderwegweiser bezeichnet die aktuelle Position als Wasserbrücke. Trotz Gabelung des Wanderweges ist das Schilthorn auf den Wanderwegweisern nicht aufgeführt. Sowohl über das Sefinental, als auch über Gimmelwald, ist das Schilthorn zu erreichen. Wir entscheiden uns für Letzteres.
Über einen schmalen Pfad, teilweise gesäumt von meterhohen Mauern aus Naturstein, steigen wir zehn Minuten den sonnigen Südhang hinauf. Auf der grünen Hochebene passieren wir über einen Wirtschaftsweg ein paar alte Wohnhäuser. Bald geht es wieder auf einem Wiesenpfad weiter, der nach einer knappen Viertelstunde ein Asphaltsträsschen kreuzt. Kaum sind die ersten Häuser von Gimmelwald zu sehen, ist der Pfad mit Weglampen versehen.
Die letzten Meter zum Ortsrand von Gimmelwald steigen wir über Holztreppen aus alten Eisenbahnschwellen hinauf und passieren dabei das 4-Sterne-Hotel Mountain Hostel. Vor dem stattlichen Postgebäude ist auf einem Wanderwegweiser das Schilthorn mit einer Gehzeit von 5h 20m angeschrieben.
Nach wenigen Metern steigt der Pfad für knapp 10 Minuten über eine Wiese an, kreuzt dann das Asphaltsträsschen, das nach Mürren führt, und folgt wenige Hundert Meter einem asphaltierten Wirtschaftsweg, bis zu einem Bauernhaus. Von dort geht es im weiten Zickzack bis zum Waldrand den Wiesenhang hinauf. Wie auf einer Sonnenterrasse liegen nun die Häuser von Gimmelwald unter unseren Füssen. Am entfernten Wiesenhang beobachten wir Bauern bei der Heuernte, wie vor Hundert Jahren.
Zu kurz verläuft der Pfad durch den schattenspendenden Wald. Dort kommen uns die ersten zwei Wanderer des Tages entgegen. Nach etwa 10 Minuten legen wir am oberen Waldrand eine kurze Trinkpause ein. Jetzt taucht zum ersten Mal die weisse Spitze der Eiger auf. Dahinter ist auch der markante Gipfel des Wetterhorn zu sehen. Und in der malerischen Berglandschaft riechen wir das zum Trocknen aufgehäufte Heu.
Den Wintersportlern ist das Bergrestaurant Gimmelen vorbehalten, das wir nach weiteren zehn Minuten Anstieg passieren. Die Fenster sind verrammelt und die grosse Terrasse leer. Auf der grünen Hochebene sind in weitem Abstand einzelne Bauernhäuser verstreut. Auf einem Wanderwegweiser ist jetzt das Schilthorn mit einer Gehzeit von 3 Std. 50 Min. angeschrieben.
Jetzt haben wir erstmals freien Blick auf das Schilthorn und den benachbarten Gipfel des Birg. Die beiden Gipfel sind durch eine Seilbahn verbunden. Am interessantesten finden wir aber im Moment eine Tafel, die Werbung für die Schiltalp macht. Der Wanderwegweiser gibt dort hin eine Gehzeit von 25 Minuten an. Wir wollen dort einkehren und neue Kräfte sammeln, denn mehr als 1000 Höhenmeter liegen noch vor uns.
Tatsächlich erreichen wir die Schiltalp über einen Wirtschaftsweg in ziemlich genau 25 Minuten. Nur ganz vereinzelt stehen auf diese Höhe noch Bäume, so dass wir über jedes Wölkchen froh sind, das kurze Zeit für Abkühlung sorgt. Wir setzen uns auf die sonnige Terrasse der Schiltalp und vergessen bei einem kühlen Bier den noch bevorstehenden Aufstieg.
Nach der Rast laufen wir auf einem Wirtschaftsweg durch das Schilttal direkt auf das Schilthorn zu. Den ersten Kilometer gewinnen wir kaum an Höhenmeter. Schon nach einer Viertelstunde macht uns eine Tafel darauf aufmerksam, dass die letzte Talfahrt vom Schilthorn um 18:03 Uhr stattfindet. Zwar stehen uns noch knapp 5 Stunden Zeit zur Verfügung, aber es sind auch noch etwa 1000 Höhenmeter zu bewältigen.
Über eine Stunde geht es jetzt im Zickzack steil den grünen Hang hinauf. Ganze Felder von gelbem Enzian bremsen uns immer wieder, um geknipst zu werden. Und immer wieder fasziniert der Blick ins Schiltal und auf die weissen Gipfel von Eiger, Mönch und Jungfrau. Eine kurze Passage ist sogar durch ein Drahtseil gesichert. Aber insgesamt ist der Aufstieg technisch absolut unschwierig.
Auf einer reichlich kargen Hochebene überrascht uns ein kleines Seelein, das Grauseewli. An deren Ufer tummeln sich doch ein paar Wanderer. Über dem Seelein quert in luftiger Höhe und regelmässigen Abständen die Seilbahn zwischen Schilthorn und Birg. Während sich das Schilthorn noch hinter einem Vorgipfel versteckt, scheint der Birg zum Greifen nahe. Wir beobachten einen Wanderer, der die längste Zeit bis zu den Oberschenkeln im Grauseewli steht.
Nach einer knappen halben Stunde nehmen wir die letzten 450 Höhenmeter in Angriff. Wir folgen einer Spur im Schotter, die nicht mehr exakt dem Weg auf den Wanderkarten entspricht. Die Spur mündet in eine breite Trasse, die wohl für die Skifahrer in dem Berg planiert wurde. Wir folgen weiter den Markierungen, die uns jetzt durch ein Felslabyrinth nach oben schleussen.
Auf einer Ebene verweilen wir eine kurze Zeit, um die vielen, kleinen Steinmännchen zu bewundern, die Wanderer mit überschüssiger Energie wohl aufgebaut haben. Steinmännchen mit Eiger, Mönch und Jungfrau im Hintergrund, sind ein Motiv, an dem kein Knipser dran vorbei kommt. Natürlich müssen wir auch die Warntafel mit Totenkopf fotografieren, mit Bergstation Birg und Eiger im Hintergrund.
Am Grat sind jetzt zur Sicherung Geländer angebracht und in den Fels teilweise künstliche Stufen gehauen. Der Kontrast zwischen dem dunklen Gestein und den strahlend weissen Gipfeln am Horizont schafft eine hochalpine Atmosphäre. Die Bergstation Birg erscheint nun nicht mehr so nahe und auch das Grauseewli liegt nun tief unter unseren Füssen.
Nach einer knappen Stunde trennt uns nur noch ein überschaubarer Grat von der Gipfelstation des Schilthorn. Eine Schlüsselstelle, zwei Hand breit und beidseitig ausgesetzt, wurde durch ein Drahtseilgeländer entschärft, so dass auch Schlitzaugen mit Turnschuhen nicht mehr in die Hose scheissen müssen. Von der Sorte kommen uns jetzt einige im Sauseschritt entgegen, die Hosentaschen ausgebeult von Portemonnaie und Handy.
Nach einer knappen Viertelstunde nehmen wir die letzten Stufen vor dem Gipfelplateau und werden gleich von Minirock und Stöckelschuh überrascht. Glücklich über die geschafften 2000 Höhenmeter lässt und das aber kalt und wir geniessen trotzdem die gewaltige Aussicht auf die umliegenden Viertausender und auch die kleineren Gipfel.
Dank Werktag hält sich die Zahl der Seilbahntouristen in Grenzen. Auch im Drehrestaurant, in dem sich James Bond schon gedreht hat und wurde, gibt es noch viele freie Drehtische. Unserem Glücksgefühl wird noch eines oben drauf gesetzt, denn es gibt Hefeweizen. So lassen wir uns ein mal im Kreis drehen, bis uns schwindlig wird, vom Bier oder von der Anstrengung, wen interessiert's ?
Für den Rückweg wollen wir ausschliesslich die Seilbahnen nutzen. Auf den vier Abschnitten müssen wir drei mal umsteigen. Zwei Stockwerke tiefer ist der Einstieg zur Talfahrt, doch die Karten gibt es oben im Kiosk. Der Kreislauf spielt verrückt, hilft nichts, wir müssen noch mal hoch. Für 55,20 CHF werden wir 2000 Höhenmeter bis Stechelberg hinunter transportiert.
Hoch schweben wir über dem Grauseewli bis zur Bergstation des Birg. Mehrere hundert Höhenmeter Aufstiegspfad, die wir Meter für Meter aufgestiegen sind, haben wir im Überblick. Auf dem Birg suchen wir im Baustellendurcheinander das Abseits um zu Knipsen. Die Anschlussgondel schein aber auf uns zu warten, so geht die Fahrt sofort weiter.
Die nächste Station ist das autofreie Bergdorf Mürren. Dort steigen wir aus, nicht um mit der nächsten Gondel weiter zu fahren, sondern um durch das Dorf zu streifen. Jetzt, um 17:30 Uhr, ist wohl schon etwas Ruhe eingekehrt. Trotzdem liegt ein Hauch von Massentourismus in der Luft. Wir schlendern die Strasse entlang, knipsen das eine oder andere alte Haus und lassen uns schliesslich auf der Aussichtsterrasse eines Hotels nieder.
Während unserer Rast beobachten wir viele Gleitschirmflieger, die an den gegenüberliegenden Felswänden nach Aufwinden suchen und teilweise auch finden. Einzig die Unsicherheit, dass tatsächlich die letzte Seilbahn um 23:55 Uhr abfährt, bewegt uns zum Aufbruch. Mit der planmässigen Bahn um 19:25 Uhr verlassen wir Mürren.
Fantastische Tiefblicke verkürzen die Fahrt nach Gimmelwald auf gefühlte Sekunden. Dort steigen wir durch einen Flur auf die nächste Bahn um, mit uns der Seilbahnkapitän. Und schon geht es weiter, in Falllinie hinunter zum Parkplatz der Talstation Stechelberg. Der Parkautomat knüpft uns noch annehmbare 5 CHF für das Parken ab, so dass sich die Schranken für unsere Heimfahrt öffnen.