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Kaum zu glauben, aber auf dem grossen Parkplatz beim Weiler Grafenort ist das Parken gratis, vorausgesetzt, man wird nicht von den Radarfallen bei der Verkehrsinsel erfasst. Wir laufen an der Kapelle Zum heiligen Kreuz vorbei, überqueren die Strasse, die nach Engelberg führt und passieren das grosse Herrenhaus, das für Tagungen und Seminare gemietet werden kann.
Die Engelberger Aa führt im Moment viel Wasser und donnert entsprechend laut durch sein Bachbett. Unweit des Herrenhauses überqueren wir den Fluss und folgen dem Asphaltsträsschen ein paar Meter. Dann zweigt nach rechts ein Feldweg ab, der entgegen unserer Zielrichtung nach Norden ansteigt. Wir staunen über die sehr steilen Wiesenhänge, auf denen das Heu frisch gemäht zum Trocknen liegt.
Nach wenigen Hundert Metern macht der Weg eine Linkskehre, so dass die Richtung wieder stimmt. In einem Waldstück ist der Weg an mehreren Stellen durch meterhohe Erdrutsche verschüttet. Mit einem Fahrzeug gäbe es kein Durchkommen, doch wir können drüber steigen. Nach einem baumfreien Abschnitt endet der Weg am nächsten Waldrand. Ein tiefer Tobel hindert am weglosen weiterlaufen.
Schon stellen wir uns auf eine Kletterpartie ein, da findet ein Mitwanderer eine Wegmarkierung und den verborgenen Pfad. Auf der einen Seite des Tobels geht es runter und auf der anderen Seite wieder hoch. Oberhalb überwinden wir durch ein Eisengatter einen Weidezaun und steigen bis zu einem Bauernhaus die steilen Wiesen hinauf.
Über einen Wiesenpfad passieren wir noch ein paar weitere Bauernhöfe, hüpfen über einen Bach, der den Weg überspült und landen schliesslich auf einer Ziegenweide. Offensichtlich freuen sich die Ziegen über den seltenen Besuch und stürmen auf uns zu. Sie werden so zudringlich, dass wir froh sind, über einen Weidezaun flüchten zu können. Einen offiziellen Durchschlupf am Weidezaun sehen wir nicht, aber auf der anderen Seite geht der Pfad eindeutig weiter.
Zehn Minuten lang folgen wir dem Pfad, bis wir die Häuser von Flüemattli erreichen. Ein Bauer ist dabei, am steilen Wiesenhang das Heu mit der Gabel zu wenden. Er gibt uns zu verstehen, dass wir noch einiges vor uns haben. Der anfänglich ausgetretene Pfad geht nach und nach in eine schwach ausgeprägte Wiesenspur über. Wir treffen noch einmal ein paar Ziegen an, die aber eher scheu davon laufen.
Die bunten Blumenwiesen sind überwältigend und wir trampeln mitten hindurch. Wo keine Trittspur zu sehen ist, orientieren wir uns an den rotweiss bemalten Pfosten, die vereinzelt in der Wiese stecken. Einige Male macht der Pfad einen Bogen durch einen Tobel, von denen der Letzte noch dick mit Altschnee gefüllt ist. In der Mitte klafft ein tiefes Loch. Vorsichtig tasten wir uns über die Schneebrücke, die glücklicherweise alle aushält.
Etwas unterhalb von Eggen Tössli verschwinden Pfad und Trittspuren endgültig unterm hohen Bodenbewuchs. Aber die Bergstation der kleinen Seilbahn ist in Sichtweite. Einige Gleitschirmflieger sind mit ihren dicken Rucksäcken von der Seilbahnstation zur Startwiese unterwegs. Die zum Starten ausgebreiteten Gleitschirme sehen wie ein bunter Flickenteppich aus. Weglos steigen wir bis zur Seilbahnstation hinauf und setzen uns dort zu einer kleinen Trinkpause nieder.
Weit unten können wir die Häuser von Grafenort sehen, von wo wir vor zweieinhalb Stunden aufgebrochen waren. Immerhin liegen etwa 750 Höhenmeter dazwischen. Den Start von zwei Gleitschirmfliegern schauen wir uns an, dann ziehen wir weiter. Auf dem breiten Wirtschaftsweg passieren wir nach zehn Minuten die bewirtschaftete Huethütte. Einer Einkehr können wir gerade noch widerstehen.
Noch für einen kurzen Abschnitt bleibt der Wirtschaftsweg auf einer Höhenlinie. Eine Kuhherde scheint den Weg zu blockieren, hindert uns aber nicht am Weiterlaufen. Dann geht es sogar leicht abwärts, doch die anstehenden zweihundert Höhenmeter haben wir voller Höhe vor Augen. Wir laufen etwas mehr als eine halbe Stunde den ansteigenden Wirtschaftsweg und verpassen dabei den in der Kompass-Karte eingetragenen, etwas kürzeren Wanderweg.
In der Nähe eines Bauernhauses lesen wir auf einem Wanderwegweiser die Bezeichnung Eggen. Das hatten wir vor einer knappen Stunde schon mal. Kurz darauf entdecken wir am Wegesrand rote Wanderwegmarkierungen, die vom Wirtschaftsweg weg, durch eine Mulde führen. Dieses Mal ist der Wirtschaftsweg auf der Kompass-Karte als Wanderweg gekennzeichnet, nicht diese Abkürzung. Wir nehmen sie trotzdem und werden nicht enttäuscht.
Fast Weglos aber mit einer schwachen Trittspur und etlichen Markierungen schlängelt sich der Pfad durch ein Felslabyrint, in dem auch einzelne Schneefelder zu überqueren sind. Und nach einer viertel Stunde erreichen wir eine Passhöhe mit einem kleinen See, bei dem es sich laut Wanderwegweiser um den Oberen Lutersee handelt. Besonders klar ist das Wasser nicht, aber in der braunen Brühe tummeln sich unzählige Frösche.
Über eine Böschung in Richtung Süden geschaut, liegt hingegen ein glasklarer, grösserer See, in dessen glatter Oberfläche sich die schneebedeckten Gipfel des Horizonts spiegeln. Wir laufen weglos zu diesem, dem Lutersee, hinunter, um an dessen Ufer eine Rast einzulegen. Um den See reichen mancherorts die Schneereste bis ans Wasser. Einzig die Aussicht auf eine Bewirtung, bei der nicht mehr weiten Alp Zingel, lässt uns wieder aufbrechen.
Da wir weglos zum Lutersee abgestiegen waren, müssen wir jetzt auch wieder weglos zum offiziellen Wanderweg zurück. Richtung Norden finden wir bald wieder Pfad und Markierungen. Der Pfad auf der Hochebene führt durch eine herrliche Blumenlandschaft mit ganz intensiven Farben. Ein kleiner Abstieg endet nach eine viertel Stunde an einem Weidezaun. Wir stehen am Zaun und bewundern die fantastische Aussicht auf Engelberg und seine Umgebung.
Am Zaun über die Kante nach unten geschaut, entdecken wir die Dächer der Alm Zingel. Drahtseilgesichert geht es im Zickzack die Steilstufe hinunter und nach einer viertel Stunde setzen wir uns vor der Alm unterm Sonnenschirm an den grossen Holztisch. Die freundliche Wirtin erzählt, dass sie die Arbeiten der Alm ganz alleine verrichtet. Sie bewirtet die Alm bereits seit 20 Jahren und vermittelt den Eindruck, dass sie es immer noch gerne tut.
Trotz langer Reststrecke bleiben wir anderthalb Stunden sitzen, bevor wir den Weiterweg antreten. Vorbei an den Kühen der Alm und blühenden Orchideen, passieren wir eine hohe Felswand und überqueren Schneefelder und Sturzbäche. An einem überhängenden Felsen wurde der Weg künstlich in den Felsen gehauen und beim Durchlaufen tropft uns das Wasser auf den Kopf. Erst nach anderthalb Stunden machen wir am südlichsten Punkt unserer Wanderung eine Kehre und wenden uns nach Norden.
Schnell nähern wir uns der Engelberger Aa, deren Rauschen wir schon geraume Zeit in den Ohren haben. Kraftvoll jagt das Wasser durch das Flussbett und eine Tafel warnt vor plötzlich anschwellendem Wasser. Wir passieren eine neue Brücke, die beidseitig noch nicht an das Ufer angebunden ist. Kurz darauf wechseln wir über eine lange Hängebrücke die Flusseite.
Kunstvoll aufgetürmte Steinmännchen gibt es jede Menge am Flussufer zu bewundern. Und auf Felsbrocken, so gross wie Mehrfamilienhäuser, wachsen die Bäume aus dem Stein. Zwanzig Minuten nach der ersten Hängebrücke, wechseln wir über eine zweite Hängebrücke wieder die Seite des Flusses. Ein Pfad mündet in den Uferweg. Es ist ein Pfad zur Alm Zingel, der nach den Höhenlinien auf der Karte zu urteilen, durch sehr steiles Gelände gehen muss.
Wir passieren eine feudale Grillstelle, wo das Feuer noch lodert. Die Tischplatte aus einem Naturstein dürfte von mehreren Elefanten nicht weg zu bewegen sein. Brennholz liegt in der Hütte bereit und frisches Quellwasser sprudelt in einen Trog, ebenfalls aus Naturstein. Das einzige was fehlt, ist ein Kühlschrank mit Würstchen.
Ein drittes Mal wechseln wir die Seite des Flusses, jetzt über eine alte Steinbrücke, die sehr schön in die wilde Flusslandschaft passt. Bei Obermatt entfernt sich der Weg etwas vom Fluss, um ein künstliches Staubecken zu umgehen. Vermutlich gehören Staubecken und benachbartes Elektrizitätswerk zusammen. Wieder in Flussnähe, können wir auf der gegenüberliegenden Flussseite einen Wasserfall bewundern, der von einer hohen Felswand herunter stürzt.
Jetzt wird das Tal etwas breiter und es riecht nach Schienenabrieb. Kein Wunder, verläuft doch die Bahnstrecke parallel zum Wanderweg. Wir laufen noch über drei Kilometer am Fluss entlang, bis wir Nahe Grafenort aus dicken Baumstämmen geschnitzte, mannsgrosse Figuren bewundern können. Es sind Jäger mit ihrem erlegten Wild auf der Schulter, dem Gewehr in der Hand und einer Pfeife im Mund.
Nach einem letzten Rechtsbogen passieren wir das Herrenhaus von Grafenort, queren die Hauptstrasse und erreichen mit platten Füssen den Parkplatz, wo unsere Autos stehen.