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Erst auf der Passstrasse am Urnerboden verscheucht Gewissheit die Zweifel, heute einen sonnigen Tag erleben zu dürfen, sind wir doch zwei Stunden lang unter einer dicken Nebeldecke angereist. Nur eine Ampel, die laut Tafel bis zu 20 Minuten Rotlicht anzeigen kann, hält uns kurz vor dem Ort Urnerboden noch auf. Doch kaum hat der Postbus vor uns seinen Motor ausgeschalten, wechselt das Signal auf grün.
Schon während der ganzen Anfahrt beobachten wir das Aussenthermometer. Es erreicht bei weitem keinen zweistelligen Wert. So wird es auch noch ein Weilchen bleiben, denn die Sonne steht noch zu tief, um über die benachbarten Dreitausender den tiefen Urnerboden zu erwärmen. Während die steilen Südwände von Ortsstock und Jegerstöck hell in der Sonne leuchten, liegt die Strasse noch im Schatten und die Nordhänge sind mit einem leichten Reif überzogen.
Viel Parkplatz gibt es zwischen Kirche und Seilbahnstation. Wir verschmähen die Seilbahn, die aber in Betrieb ist. Einen Wanderwegweiser können wir im Moment nicht sehen, also laufen wir an der Seilbahnstation vorbei in Richtung Berg und landen prompt in einem Hinterhof. Aber ein Pfad geht weiter und bringt uns am Eingang der Seilbahnstation vorbei, hinunter zum Fätschbach. Wir folgen dem Fätschbach etwa 300m in Flusslichtung und finden an einer Fussgängerbrücke den ersten Wanderwegweiser.
Nach Überquerung der Brücke geht es gleich in Gegenrichtung weiter, jedoch jetzt steil bergan. Über einen schmalen Bergpfad steigen wir im Zickzack den bewaldeten, schattigen Hang hinauf. Erst nach einer knappen Stunde machen wir ca. 400 Höhenmeter über Urnerboden in den ersten Sonnenstrahlen eine kleine Trinkpause. Beim Blick hinunter sehen wir, wie die Sonne langsam die ersten Häuser von Urnerboden erobert.
Über uns wird der Baumbestand erheblich dünner und bald können wir weit oben die Bergstation der Seilbahn am Fisetenpass sehen. Auf dem kargen Berghang ist stellenweise kein eindeutiger Pfad mehr erkennbar. So laufen wir einfach in Richtung Bergstation und treffen dabei immer wieder auf einen Abschnitt des offiziellen Pfades. Eine dreiviertel Stunde später erreichen wir die unbemannte Bergstation der Seilbahn.
Vermutlich weniger als 100 Meter trennen uns noch vom Fisetenpass. Von dort sehen wir auf der anderen Seite einige mächtige Dreitausender, wie Gemsfairenstock, Selbsanft und Hausstock. In Richtung Osten verläuft ein Pfad zunächst direkt auf der Kante des Fisetengrat. Der Wanderwegweiser zeigt eine Gehzeit von 55 Minuten bis zum Chamerstock an.
Kaum merklich steigt der Grat ganz leicht an. Während linkerhand braune Wiesen leicht abfallen, geht es auf der rechten Seite steil, oft senkrecht in die Tiefe. Deshalb verläuft der Pfad jetzt meistens ein paar Meter links der Gratkante. Im Osten sehen wir nach Tierfed hinunter. Dort überquert eine Seilbahn einen kleine See und scheint am Berg in einem Tunnel zu verschwinden. Tatsächlich gibt es dort einen Tunnel, der über 2km bis zur Staumauer des Limmerensee führt. Die Staumauer und eine kleine Ecke des Limmerensee können wir ebenfalls sehen.
Auf Grathöhe sind im Abstand von mehreren Hundert Metern jeweils Sitzbank mit Tisch aufgestellt. Doch wir laufen bis zum Ende des Grats, dem Chamerstock, der 24 Höhenmeter unterhalb des höchsten Gratpunktes liegt. Es gibt weder Gipfelkreuz noch Tafel, die den Chamerstock bezeichnen. Der Pfad hört einfach auf. Und wir machen eine Rast und geniessen die Aussicht in alle Richtungen.
Noch sehen wir zur Ortschaft Linthal hinunter und zum Bergdorf Braunwald hinüber. Doch schiebt sich Nebel in das Linthtal, der offensichtlich auch den Urnerboden hinauf ziehen will. Wir beenden die Pause und laufen etwa 300m den Grat zurück. Dort zeigt ein Wanderwegweiser nach Norden ins Tal hinunter, mit Ziel Urnerboden. Wir laufen den ausgetretenen Pfad die Wiesen hinunter und passieren zahlreiche rotweisse Markierungen.
Im Bereich der ersten Bäume verteilen sich viele schwache Trittspuren auf ganze Gelände. Vermutlich hat das Rindvieh wieder falsche Fährten gelegt. So landen wir in weglosem Gelände und folgen nur noch unserem Instinkt. Wir steuern auf eine Hütte zu und finden dort wieder eine Markierung. Wenige Minuten später verleiten uns Sitzbänke vor einer Hütte bei Wängi erneut zum rasten.
Auf dem nahen Wanderwegweiser ist nach Urnerboden eine Gehzeit von anderthalb Stunden angegeben. Auf einem Wanderwegweiser? Der steht nicht mehr, denn ein Schilderdieb zieht den Wegweiser aus dem Boden und trägt ihn davon. Gut, dass wir vorher noch drauf geschaut haben. Wir erfahren vom Schilderdieb, dass für das Wochenende Schnee erwartet wird und der Wanderwegweiser deshalb zum Schutz vor der Witterung in Sicherheit gebracht wird. Erst im Mai, wenn der Schnee weg ist, werden die Schilder wieder aufgestellt.
Ein paar Meter folgen wir dem Schotterweg leicht abwärts. Dann zweigt rechts ein Waldpfad ab. Ein weisses Schild in Pfeilform mit der Aufschrift "Urnerboden" ergänzt den gelben Wanderwegweiser. Knapp 10 Minuten später finden wir an einer Stelle, wo der Pfad den Schotterweg kreuzt, das gleiche Schild in Pfeilform. Und noch einmal taucht der Pfad in den Wald ein, mündet aber bald wieder auf den Schotterweg.
Da keinerlei Markierungen zu sehen sind, folgen wir dem Schotterweg talwärts, bis wir auf einen ordentlichen Wanderwegweiser stossen. Alternativ zum Schotterweg, auf dem man in 45 Minuten Urnerboden erreichen soll, zeigt der Wanderwegweiser auf einen Pfad, auf dem Sunne Urnerboden in 30 Minuten zu erreichen ist. Ein aufmerksamer Mitwanderer hatte morgens bei der Anfahrt das Gashaus Sonne gesehen. Also entscheiden wir uns für den Pfad nach Sunne Urnerboden.
Ein steiler und spannender Pfad durch unwegsames Gelände, vorbei an haushohen Felsblöcken, bringt uns mehr als 200 Höhenmeter hinunter zum Urnerboden. Über eine Fussgängerbrücke überqueren wir den Fätschbach und über eine Wiese gelangen wir auf dem kürzesten Weg zum Gasthaus mit Gartenterrasse. Die letzten Sonnenstrahlen wollen wir hier begiessen. Dann laufen wir im Schatten am Fätschbach entlang, knapp 30 Minuten, bis zur Kirche von Urnerboden.