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Die ersten 200 Höhenmeter vom Vierwaldstätter See in Richtung Bürgenstock kurven wir die Serpentinen zur Ortschaft Fürigen hoch. Dort finden wir viel freien Parkplatz vor dem gleichnamigen Hotel. Ob wir dort wohl ohne zu übernachten parken dürfen? Wir tun es. Wenigstens trinken einige Wanderkameraden, die früher ankommen, im Hotel einen Kaffee.
Einen knappen Kilometer folgen wir dem Asphaltsträsschen in Richtung Nordosten, bis eine Hinweistafel unseren schnellen Schritt abbremst. Die Tafel warnt vor dem Hund mit Joggerallergie und bittet Jogger, ab hier nur zu gehen. Das machen wir auch, wie gehen weiter, denn schon macht der allergische Hund mit Gebell auf sich aufmerksam.
Über einen ansteigenden Wiesenpfad erreichen wir nach 5 Minuten den Waldrand. Auf laubbedecktem Waldboden geht es jetzt etwa 100 Höhenmeter im Zickzack steil hinauf, bis auf die Höhe des Schiltgrat. Nach 20 Minuten dürfen wir auf einer Wiese kurz verschnaufen. Aber schon nach ungefähr 100 Metern taucht der Pfad wieder in den Wald ein und passiert die Oberkante eines Abgrundes.
Eine Holztafel zeigt Schiltflue 970m an. Auf einer Holzbank könnte man sitzen und den überwältigenden Tiefblick geniessen. Immerhin liegt der Vierwaldstätter See mehr als 500 Höhenmeter tiefer. Wir müssen uns jedoch damit begnügen, gerade mal die Siedlungen Schilt und Fürigen im Nebel zu erahnen. Die nächste halbe Stunde geht es, von einem kleinen Zwischenanstieg abgesehen, im Wesentlichen bergab, zuletzt auf einem Wirtschaftsweg.
Durch einen Bergdurchbruch gelangen wir auf die asphaltierte Zufahrtsstrasse von Bürgenstock. Ein Hotelkasten stösst nun an den anderen. Den Fassaden nach zu urteilen, hat das eine oder andere Haus schon bessere Tage gesehen. Im Moment scheint keine Saison zu sein, denn die Häuser machen einen verwaisten Eindruck.
Eine Tafel preist die Projektmeile des Bürgenstock an. Offensichtlich ist hier eine grössere Modernisierung geplant. Am östlichen Ende der Hotelkette rätseln wir um die Fortsetzung unseres Weges. Hametschwand ist nach rechts mit 50 Minuten und nach links mit 30 Minuten angegeben. Nicht die kürzere Gehzeit von 30 Minuten, sondern der Zusatz "Felsenweg" ist für die Auswahl des linken Weges verantwortlich.
An einem offenen Tor lesen wir den folgenden Hinweis in drei Sprachen:
"Achtung! Sie begehen einen Bergwanderweg mit natürlichen Gefahren durch Steinschlag und Sturzholz. Als Benützer dieses Weges nehmen Sie Kenntnis von dieser naturgegebenen Tatsache."
Hm!!
Ein breiter, durch ein stabiles Eisengeländer gesicherter Weg, entfernt sich von Bürgenstock an der senkrechten Felswand entlang in Richtung Osten. Gewaltig ist der Tiefblick auf den fast 500m tieferen Vierwaldstätter See. Und hätten wir gute Fernsicht, wäre der Ausblick wohl kaum mehr auszuhalten. Eine Absperrung zwingt uns nach 5 Minuten die Treppen hoch. Doch ein paar Etagen höher setzt sich der Felsenweg entlang der senkrechten Wand fort.
Nach weiteren 10 Minuten stehen wir am schnellsten Aufzug Europas (3,15 m/sek), dem Hammetschwandlift, ein Prestigeobjekt der Firma Schindler AG. In der auf drei Seiten verglasten Kabine werden bis zu 12 Personen in 50 Sekunden über 150 Meter hinauf, zum Gipfel des Hammetschwand katapultiert. Der Aufzug wurde bereits im Jahre 1905 erbaut, musste aber später modifiziert werden, um den Lift im Berliner Glockenturm (2,7 m/sek) zu überflügeln.
Leider können wir nicht, wie James Bond im Jahre 1967, den Lift nutzen, da er erst ab 1. Mai in Betrieb ist. So folgen wir weiter dem Felsenweg und sind schleisslich dankbar dafür, dass der Lift noch seinen Winterschlaf macht. Denn der Felsenweg bietet noch einige Überraschungen. An einigen Stellen verschwindet der Weg im Berg und kurze, dunkle Tunnelabschnitte führen dort weiter, wo früher der an der Wand klebende Steg von Steinschlag gefährdet war.
An einem Tunneleingang ist zu lesen:
"Der Durchgang zum Jenseits ist uns in Dunkel gehüllt. Gewiss ist uns aber, dass der Weg auf der anderen Seite weiter geht."
A.D. MCMXCII
25 Minuten nach Verlassen des Aufzuges passieren wir den letzten Tunnel, dessen Eisentor glücklicherweise offen steht.
Ein Abstecher zum Gipfel des Hammetschwand ist auf einem Wanderwegweiser mit einer Gehzeit von 25 Minuten angegeben. Anfänglich glauben nicht alle Mitwanderer, dass wir diesen Abstecher machen wollen. Doch dann steigen wir alle den Waldpfad, teilweise über einen breiten Grat, in nur 15 Minuten bis zum Gipfel hinauf.
Vielleicht liegt es ja am Vulkanausbruch von Island, dass wir keine Aussicht haben. Der kalte Wind treibt die Wolken mehr her als weg. Trotzdem imponiert der Turm des Aufzuges und gelegentlich der Blick bis zum Vierwaldstätter See hinunter. Mit viel Fantasie können auch für wenige Sekunden die Umrisse der Rigi erahnt werden. Eine Berggaststätte würde bestimmt jetzt ein erfrischendes Hefeweizen anbieten können, wenn sie geöffnet hätte.
Wir warten einige Minuten auf bessere Sicht und geben dann aber die Hoffnung fast auf. In der Nähe des Gipfels zünden wir das inzwischen obligatorische Grillfeuer an und widmen uns unseren Grillwürsten. Ein Kamerad, der stur im Rauch sitzen bleibt, rechtfertigt sein Ausharren mit den Worten:
"Wenn man die Augen schliesst und für 30 Minuten die Luft anhält, macht einem der Rauch nichts mehr aus."
Für den Abstieg zur Abzweigung vom Felsenweg benötigen wir 25 Minuten, 10 Minuten länger als für den Aufstieg. Unterwegs machen wir einen Abstecher zu einem Aussichtspunkt ohne Aussicht, wetterbedingt. Nur wenige Meter vom Tor zum Felsenweg treffen wir an den Aussichtspunkt Chänzeli. Trotz bescheidener Aussicht sehen wir doch hinunter bis zur Unter Nas, einer Landzunge im Osten des Bürgenstock.
Jetzt hätten wir die Möglichkeit, direkt nach Honegg abzusteigen, doch wir wollen noch über den Mattgrat bis St. Jost laufen. Im Zickzack steigen wir über viele Treppenstufen immer am Rande der Bergkante ab. Dann folgen wir einem idyllischen Waldpfad über den breiten Mattgrat. Nach 40 Minuten überrascht uns eine leuchtend gelbe Löwenzahnwiese, über die wir auf die Kirche von St. Jost und einen Teil des Vierwaldstätter See hinunter sehen können.
Am Nebengebäude der Kirche sind Sitzbänke und Tische aufgestellt. Das riecht nach Einkehr. Tatsächlich finden wir einen freien Tisch und lassen uns nieder. Zu unserer Überraschung wird uns ein Kuchen spendiert. Die aus Holland stammende Künstlerin Els Gassmann-Nijskens stellt ihre Werke aus und lädt ein. Nach der Einkehr bewundern wir einige Werke der Künstlerin, Skulpturen und Bilder, vor und in der Kirche.
St. Jost ist der Wendepunkt unserer Wanderung, so dass es jetzt wieder westwärts geht. Geniessen wir anfangs noch ein leichtes Abwärts auf einem asphaltierten Strässchen, steigt der Weg nach etwa einem Kilometer wieder an und wird schliesslich über Wiesenpfade noch mal ordentlich steil und schweisstreibend. Nach einer dreiviertel Stunde stehen wir am Parkplatz Honegg und kennen endlich wieder mit Gewissheit unsere Position.
Der Abschnitt von Honegg bis Ätschenried ist pure Erholung. In zwanzig Minuten sind auf einem Wirtschaftsweg kaum Höhenmeter zu bewältigen. Dann geht es auf dem Seewligrat stetig aufwärts, bis wir nach einer guten halben Stunde wieder eine Meereshöhe von knapp über 1000 Meter erreichen.
An einem Aussichtspunkt können wir dann doch die Städtchen Buochs und Stans und auch deren Hausberge Buochserhorn und Stanserhorn sehen, wenn auch die Gipfel noch etwas vernebelt sind. Nach einer kurzen Pause steigen wir einen steilen, mit Laub bedeckten Waldpfad in Richtung Norden ab.
Von Weitem können wir schon das Örtchen Fürigen und das gleichnamige Hotel sehen, vor dem unsere Autos auf uns warten. Am Rande der Zufahrtsstrasse zum Bürgenstock legen wir die letzten Meter zum Ausgangspunkt unserer Wanderung zurück.